Im Westharz bei Scharzfeld gibt es eine Höhle, die heute als die „Steinkirche“ bezeichnet wird. Um diese Höhle ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden. So soll dieser geheimnisvolle und mystische Ort in vorchristlicher Zeit die Behausung einer Völva, einer Wahrsagerin, gewesen sein. Von dieser uralten Frau wussten schon die Großeltern unheimliche Geschichten zu erzählen. Weder Fürst noch Bauer scheuten sich, den beschwerlichen Weg durch die düsteren Wälder aufzunehmen, um den Rat der Seherin einzuholen. Diese verkündete ihre Prophezeiungen auf der Steinkanzel indem sie ihre Kristallkugel nutzte oder sie befragte das Knochenorakel auf dem Altar im inneren der Höhle. Die Hilfesuchenden konnten dabei zusehen, wie sich dabei die Flammen des Feuers in der Höhle verfärbten, ein nebelartiger Schleier aufzog und stürmischer Wind einsetzte. Manche behaupteten, dass sich sogar das gesamte Firmament verfinsterte! Die Seherin erzählte lächelnd von Liebe und Kindersegen oder bitterernst vom Verlauf von Epidemien, zukünftigen Missernten und verheerenden Kriegen. Es genügte meinst die Opfergabe eines Tieres als Bezahlung und wenn die Antwort der Knochen nicht eindeutig war, sah sie sich auch die Innereien der Tiere an und kostete deren warmes Herz…
Im Laufe der Zeit sorgte dieses Gebaren immer mehr für Aufsehen und so versuchte ein schwarzer Mönch, mit der Unterstützung fränkischer Krieger, die Völva festzunehmen und einzukerkern. Dies wurde jedoch verhindert, indem tatsächlich ein Einhorn erschienen sein soll und sie vor ihren Verfolgern schützte. Als der Mönch mit dem Einhorn kämpfte, stampfte dieses so gewaltig auf den Boden, dass sich wie durch Zauberhand ein großes Erdloch auftat und den Mönch verschlang. Dieses Erdloch soll zur Entdeckung der weit bekannten Einhornhöhle geführt haben. Man sagt, die alte Frau habe sich anderen Hexen angeschlossen und die Zeit überdauert. Noch im Mittelalter wurde im Harz von einer Hexe in purpurner Gewandung berichtet, genauso wie sie die Seherin immer getragen hatte. Nach diesen Ereignissen wurde die Steinkirche tatsächlich über Jahrhunderte als Kirche genutzt. Es wird sogar behauptet, dass die Priester ihre purpurnen Gewänder von dieser Seherin abgeschaut hätten. Ob Priester in die Zukunft sehen können, mag man bezweifeln, doch wird die Farbe Purpur noch heute häufig in der Kirche verwendet.