Auf den heutigen Streuobstwiesen zwischen Tilleda und dem Kyffhäuser Denkmal hütete einst ein junger Schäfer seine Herde. Die Sonne brannte an jenem Tage so heiß, dass er Zuflucht im finsteren Wald suchen musste und dabei unterhalb der ehemaligen Reichsburg eine erstaunliche Entdeckung machte: Hinter dem Gestrüpp zeigte sich der Eingang einer Höhle, deren Eingang geheimnisvoll zu leuchten schien… Dadurch angelockt betrat er das Innere des Berges und gelangte in den Thronsaal des alten Kaiser Barbarossas. Dieser schlief tief und fest an seinem marmornen Tische. Eine hübsche junge Maid, namens Frau Holle, hieß ihn willkommen. Sie sagte, dass er sich erst einmal an der Tafel sattessen solle und anschließend so viel aus der Schatzkammer mitnehmen dürfe, wie er tragen könne… Er müsse sich jedoch sputen, denn die Zeit würde sehr schnell vergehen! Dies ließ sich der junge Schäfer nicht zweimal sagen. Er war hungrig und durstig, setzte sich an die kaiserliche Tafel und ließ sich mehrmals auftragen. Schließlich war er so satt, dass er einen kurzen Verdauungsschlaf machen musste. Als er wieder erwachte, begab er sich langsam in die Schatzkammer. Niemals zuvor hatte er solche Reichtümer gesehen. Mit beiden Händen schaufelte er seinen Rucksack und all seine Taschen voll. Dabei konnte er sich oft nicht entscheiden, welche Kostbarkeit er als nächstes einstecken sollte. So verging viel Zeit und Frau Holle machte beim Abschied ein trauriges Gesicht…
Als der junge Schäfer wieder in Tilleda ankam, war nichts mehr wie es war. Mit letzter Kraft schleppte er seine müden Knochen in das Gotteshaus und erzählte dem ebenfalls unbekannten Pfarrer seine Geschichte. Dieser erinnerte sich an einen Vorfall, welcher in der Kirchenchronik niedergeschrieben war: Vor 200 Jahren sei ein junger Schäfer unterhalb des Kyffhäusers spurlos verschwunden! Sollte der vor ihm stehende Greis tatsächlich der junge Schäfer sein? Erfreuen konnte sich dieser nicht lange an seinem Reichtum, denn kurz darauf verstarb der unglückliche alte Mann. Manchmal sieht man noch heute den Geist des Schäfers, welcher immer noch den Eingang der Höhle zur Schatzkammer Barbarossas sucht…