Neben einigen Jägern und Jagdknechten leistete ein frommer Falkner Dienst auf dem alten Jagdschloss Rammelburg. Er hatte schon zahlreiche Falken gezähmt und für die Burgherrin ausgebildet. Auch der Burgherr war von der Falknerei angetan und war von seiner Arbeit mehr als zufrieden.
Eine Angewohnheit hatte der Falkner jedoch, die ihm zuweilen den Spott der anderen Jäger einbrachte: Wenn ihm sein Weg an einem Gottesacker vorbeiführte, hielt er kurz inne und sprach ein Gebet. Eines Tages fragte ihn der Burgherr sogar, ob er nicht Mönch werden wolle? Doch er antwortete, dass er nur Lust und Liebe für die Falknerei verspüre und ihm genügend Zeit zum Beten bliebe.
Es trug sich zu, dass die Rammelburg in eine blutige Fehde verwickelt wurde, die einen schlechten Ausgang zu nehmen schien. Kurz vor der Belagerung rief der Burgherr den Falkner zu sich und befahl ihm, nach Mannsfeld zu reiten und Hilfe zu holen. Wortlos nahm er den Befehl entgegen, ließ sein Pferd satteln und trabte hinaus in die stockdunkle Nacht. Vor dem Friedhofe am Fuße des Burgberges hielt er an, trat ein und verrichtete ein kurzes Gebet
Als er weiterreiten wollte, brach eine Schar Gewappneter aus dem Unterholz hervor und umzingelte ihn. Schon glaubte sich der Falkner verloren, als ein seltsames Brausen die Luft erfüllte und vom Kirchhof her eine gespenstische Gestalt ihm zu Hilfe eilte. Es war der Geist des toten Falkners, der einst sein Lehrmeister war: Gehüllt in schwarzen Leinenfetzen, auf der Knochenhand einen Geisterfalken und mit feurigen Augen brauste dieser heran!
Starr vor Schreck, ließen die Feinde von dem Gefangenen ab und flohen entsetzt in alle Himmelsrichtungen. Da wandte sich der Geist des Falkners und verschwand so rasch, wie er erschienen war, im Friedhof. In unaussprechlicher Freude über seine wunderbare Rettung schickte der Falkner mehrere Dankgebete zum Himmel. Die Belagerung wurde daraufhin aufgegeben und sein Herr konnte das Zugetragene kaum glauben…