Das Gastmahl des Gero und die Rache des Tugimar

Vor langer Zeit, als gerade mit der Besiedelung um Quedlinburg begonnen wurde, ließ sich ein Graf namens Gero nieder. Er knüpfte Kontakte zu den alteingesessenen Wenden, so dass diese langsam Vertrauen zu ihm aufbauten. Schließlich besiegelte man gemeinsame Pläne und Gero lud alle Stammesfürsten zu einem Gastmahl auf seiner Burg ein. Aus dem tiefsten Wald kamen die unterschiedlichsten Abordnungen der Stämme in teils merkwürdiger aber beeindruckender Tracht. Alle waren ausgelassen und festlich geschmückt. Nur ein alter Krieger namens Tugimar hatte Bedenken geäußert und blieb dem Gastmahl fern. Die Seherin seines Stammes hatte vorhergesagt: „Es wird viel rotes Wasser fließen!“ …und alle, bis auf Tugimar, hatten sich auf den fränkischen Wein gefreut. Beim Gelage floss dieser in Strömen. Die Gäste waren derlei Getränke nicht gewohnt und so kam es, dass einige sogar sturzbetrunken von den Bänken fielen.

Niemand hatte bemerkt, dass Graf Gero den Festsaal verlassen hatte… plötzlich wurden alle Türen aufgestoßen und er stürmte mit seinen schwer gerüsteten Waffenknechten herein. Ohne Gnade wurden alle anwesenden Wenden niedergemacht, bis ihr rotes Blut den Boden tränkte. Bevor der letzte wendische Krieger sein Leben aushauchte, flüsterte er in Geros Ohr: „Die Rache des Tugimar wird euch alle holen…“

Die Fahndung nach ihm blieb erfolglos, man wollte alles vergessen, doch mit der Zeit verstarben einige Waffenknechte auf unnatürliche Art und Weise. Als schließlich beide Söhne Geros tragisch ums Leben kamen, begann Gero seine frevelvolle Tat zu bereuen. Zur Sühne für das begangene Unrecht stiftete er das Kloster Gernrode und sein Weib wurde als erste Äbtissin dort eingesetzt. Der Geist des Tugimar ist jedoch bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Man erkennt ihn an seinem knöchernen Kamm… Wenn Du ihn siehst, ist es zu spät!