Schwester Helrun

Licht und Schatten: Schwester Helrun

Es war in einer gewittrigen Juninacht des Jahres 1908, als der Pförtner der Johanniter-Heilanstalt auf dem Ochsenberg bei Sorge eine merkwürdige Gestalt auf dem Weg heranreiten sah. Er traute seinen Augen nicht, denn er meinte eine Frau auf einem dreibeinigen Pferd gesehen zu haben… Die Reiterin stieg ab und stellte sich als Schwester Helrun vor, die vom Mutterhaus der Johanniter aus Halle geschickt worden war.

Vor Kurzem hatte Dr. Pigger die Leitung der Heilanstalt übernommen und war über jede Hilfe froh, die er bekommen konnte. Schwester Helrun lebte sich schnell ein… Sie war hilfsbereit und freundlich, jedoch auch unnahbar und geheimnisvoll. Liebevoll kümmerte sie sich um die Genesung ihrer Patienten und geleitete unheilbar Kranke auf ihrem letzten Lebensweg. Diese berichteten noch vor dem Ableben, den Tod in Helruns Gesicht gesehen zu haben. Letztendlich blitzten Ihre Augen hell auf, wenn die Seelen der Toten ihre leblosen Körper verließen.

Schwester Helruns Rat wurde von allen Ärzten gesucht, denn ihre Vorhersagen über das Schicksal der Erkrankten trafen stets zu. So spielte es für Dr. Pigger auch keine Rolle mehr, als er später erfuhr, dass das Johanniter-Mutterhaus in Halle überhaupt keine Schwester zu ihm geschickt hatte…

Die Zeit verflog und Klinikleiter kamen und gingen. Nur Schwester Helrun blieb und niemand bemerkte dabei, dass sie kaum alterte. Sie behielt ihr mystisches Wesen von Licht und Schatten, von Leben und Tod.

Als die Klinik im Dezember 1967 geschlossen wurde, nahm Schwester Helrun ihre Tasche und verschwand während einer Gewitternacht im Juni… Als Spur hinterließ sie nur Abdrücke von drei Hufeisen. Danach soll sie in anderen Einrichtungen der Region gesehen worden sein. Wenn Du sie siehst, gib Acht, welche ihrer Seiten dir zugewandt ist!

FOTOS: Patrick Rohkohl Fotographie